Meinungsbildung zum Vierer-System..
geschrieben am 30.08.2019 von Thomas Fischer
Ein persönliches Grußwort zum Start der Saison 2019/2020 darf sicherlich auch mal kritische Inhalte haben.
Da die persönliche Erfahrung für einige Spieler der zweiten Mannschaft hinsichtlich des Vierer-Systems doch rege diskutiert wurde, da diese das System nach dem Rückzug aus der Bezirksklasse zum ersten Mal spielten, hier die persönlichen Erfahrungen:
Doppel gespielt, 2 Minuten Pause, Einzel gespielt, keine Minute Pause, da Schiedsrichtereinsatz, zweites Einzel gespielt, Schiedsrichtereinsatz, danach ca. 10 Minuten Zuschauen beim unteren Paarkreuz, Spielende..Dies war meine persönliche Wahrnehmung..
So wird es Woche für Woche vielen gehen. Da ich das System zum ersten Mal spielen “durfte” und grundsätzlich die Diskussionen bei den Kreistagen (zumindest als Spieler..) bis gestern eher unbeteiligt verfolgte, konnte ich mir beim gestrigen Spiel gegen den FC ein erstes Bild machen.
Nun ist den meisten bekannt, dass dieses System am liebsten IRGENDWANN mal auf Bundesebene angeglichen werden soll. Kann man in den höchsten Klassen dem System sicherlich noch einiges abgewinnen, so gestaltet es sich nach meinen gestrigen ersten Erfahrungen auf Amateurbasis doch eher als eine Rückentwicklung des Amateursports.
Natürlich ist Vierersystem nicht gleich Vierersystem, denn hat man in den höchsten Klassen nicht nur die nötige Stimmung durch zahlreichere Zuschauer, angesetzte Schiedsrichter und andere Pausenkonstellationen, so ist der trübe Alltag auf Amateurebene der oben beschriebene “ganz normale Abend” eines Hobbysportlers.
Befindet sich auf beiden Mannschaftsseiten nicht mindestens ein Zuschauer, so darf man die Doppel schon mal grundsätzlich alleine zählen. Erinnerungen an die Pausenzeiten auf dem Schulhof oder das Spielen im Schwimmbad werden wach..
Das die 1 und 2 der jeweiligen Mannschaften nach den Doppeln direkt die Einzel bestreiten, unterscheidet sich nicht vom Sechser-System. Wobei die Nummer 2 im Sechser-System zumindest noch einmal durchatmen kann, wenn Doppel 3 noch spielt.
Im Vierer-System muss jedoch die Nummer 3 der Heimmannschaft quasi direkt nach dem zweiten Einzel bei knappem Spielstand direkt danach gegen die 1 der Auswärtsmannschaft ran. Schon mal eine kleine Änderung zum Sechser-System.
Was uns vier am meisten störte, waren jedoch die zwei Umstände, die gerade auf Amateurbasis niemals fehlen sollten. Einmal die gelegentlichen Gespräche mit den Gegnern nach den jeweiligen Einzeln oder einfach mal zwischendurch, um das Leid der erfolgten Kantenbälle etc. zu teilen und das Spiel Revue passieren zu lassen und andererseits die genommene Möglichkeit sein Team vernünftig zu unterstützen. Ob durch Anfeuern oder Coaching. Beim Doppel gar nicht machbar, hat man bei Einzeln, dadurch das einer zählt und zwei spielen, sage und schreibe ein Teammitglied/Zuschauer, überfordert, beide Spiele im Blick zu haben, anzufeuern oder geschweige denn zu coachen. Hatten wir bspw. im Sechser-System abgesprochen, dass mindestens immer einer pro Box genauer hinschaut, coached, anfeuert etc. oder hatte man mal den netten Plausch mit dem Gegner für einige Minuten aufgenommen, so fühlt sich die Halle seit gestern für mich, tja, tot an..Nun hatten wir als Heimmannschaft das Glück, dass 3 Zuschauer da waren aber viele Mannschaften haben selbst nicht mal das in einigen Spielen.
Ein weiterer Spannungsfaktor, die Doppel, geht völlig verloren. Kann man beim Sechser-System noch taktieren, unter anderem mit den Doppelkonstellationen und dem Schlussdoppel am Ende, so darf im Vierer-System frei gewählt werden, wo wer antritt und mit wem. Es fühlte sich an als ziehe man alles, so schnell es geht, irgendwie durch. Die Kommunikation zwischen den Mannschaften aber auch schon zwischen den Teammitgliedern wird hier nicht nur leicht eingeschränkt, sondern gänzlich beschnitten.
Es mag zwar die Gegenargumente geben, dass man “ständig am spielen bleibt”, man bei knappen Spielen 3 Einzel hat etc..Fraglich bleibt jedoch, ob die oben genannten Defizite nicht eigentlich genau die Dinge sind, die bei unserem Amateursport nicht fehlen dürfen?! Als ehemaliger, parallel zum Tischtennis, spielender Fußballer aber auch jedem Laien dürfte klar sein, dass man beim Tischtennis die Zuschauerzahlen, den Flair des Sportplatzes, den Thekenbetrieb nach den Spielen etc. nicht erreichen kann. Zuschauer, Anfeuern, Gespräche mit Gegnern sind aber doch letztlich gerade auch in unserem Sport die Dinge, die Amateure immer gerne in Erinnerung behalten und zusätzlich motivieren. Auch auf kleinerem Niveau als beim Fußball bspw. sind es genau die Dinge, die ein für uns kleines Event von einer sportlichen Pflichtveranstaltung unterscheiden, das aufgrund von kaum oder nicht vorhandenen Pausen, gepaart mit Schiedsrichtereinsätzen eher durchgezogen als gelebt wird.
Nun hat man jahrelang die Diskussionen bei den Kreistagen verfolgt, ob und in welcher Liga auf Kreisebene das Vierer-System durchgesetzt werden soll. Es mag grundsätzliche Verfechter des Systems geben aber die Wahrheit lag dann doch bei den Abstimmungen eher darin, wie es für die jeweiligen Mannschaften in der kommenden Saison von der Quantität der eigenen Spieler zusammenpasst. Kann man 3 oder 4 Mannschaften bilden? Muss man Spieler verprellen, wenn auf einmal 4er- anstatt 6er-Mannschaften entschieden werden? Hätte man doch nicht zurückziehen sollen, weil man durch die 4er-Konstellation auf einmal doch noch eine Mannschaft mehr hätte melden können? Hätte man vielleicht auf den Aufstieg doch nicht verzichten sollen, weil man nicht wusste, ob man dann zu sechst spielen muss und das ganze Vereinsgebilde vielleicht ins Wanken gekommen wäre? Fragen über Fragen..Aber diese Unsicherheit, gerade auf Kreisebene mit “kleinen” Vereinen, gepaart mit den oben angesprochenen Mängeln an Stimmung, Coaching, Kommunikation mit den Gegnern, der fehlende Spannungsbogen durch die Doppel sollten doch zu denken geben.
Ist es bei Sechser-Mannschaften hin und wieder schon schwer ohne Zuschauer die richtige Stimmung zu kreieren, so bekommt man diese beim Vierer-System mal überhaupt nicht mehr hin. 2 bis 2,5 Stunden spielen, zählen, vielleicht mal ein verzweifelter Schrei bei einem Kantenball des Gegners, 0 Kommunikation zwischen den Mannschaften, da man sich nicht traut die Halle für eine Zigarette oder zum Abreagieren zu verlassen, da sonst gar keiner mehr in der Halle ist..Punkt für Punkt werden die wichtigsten Attribute des Amateursports zunichte gemacht. Wenn Spieler, die das System das erste Mal gestern spielten, sagten, dass dies der wichtigste Punkt sei, um aufzusteigen, diesem bescheidenen System zu entgehen, sollte man aufpassen, was man sich in der Zukunft für den Amateursport wünscht. Vereinheitlichung muss nicht immer gut sein. Schon gar nicht in Sportarten, wo die Mannschaftsstärke 4 beträgt und man das gelebte Event nicht, wie im Fußball bspw., bei Ersatzspielern, Trainern etc. mit 40-50 Leuten ohne Zuschauer bestreitet, sondern sage und schreibe mit 8 in einer Sporthalle.
Die Gespräche zwischen Mannschaften, Teammitgliedern, Zuschauern, das obligatorische Bierchen nach dem Spiel, Stimmung, Anfeuern und und und sollten eigentlich das sein, was gegenüber den Profis gepflegt werden sollte. Ob das Abtöten dieses kleinen Rests an Emotionen förderlich für Amateursport ist, darf stark bezweifelt werden. Stattdessen wird durch das Ausschwemmen dieser Attribute ein für jeden “kleinen” Tischtennisspieler empfundenes Event am Wochenende zu einer schnell durchgezogenen Pflichtveranstaltung ohne Seele…